TANZ |
22.01.2025
„Ich bin der Elefant im Porzellanladen.“ „Ich habe zwei linke Beine.“ Ha! Wie oft habe ich das schon gehört. Was bedeutet Tanzen überhaupt? Ich erinnere mich an ein Zitat – leider fällt mir der Name des... mehr
Ich möchte gleich zu Beginn klarstellen: AD(H)S, folgend als ADS bezeichnet, hat nicht nur Schattenseiten, sondern kann auch Vorteile mit sich bringen. Diese Tatsache wird oft übersehen, vor allem in der breiten öffentlichen Diskussion, die meist von Problemen, Stigmatisierung und der negativen Wahrnehmung geprägt ist. Leider ist das Bild, das von ADS gezeichnet wird, häufig das eines hindernisreichen „Problems“, das es zu überwinden gilt. Die Herausforderungen überstrahlen die vielen Stärken, die betroffene Menschen auch haben. Bei stark betroffenen Kindern kann der Alltag ohne psychologische oder medizinische Unterstützung fast unmöglich erscheinen.
ICH SELBST HABE DAS ADS:
Als junge Erwachsene hörte ich erstmals von ADS und bald darauf folgte die Diagnose… Für mich war es eher ein Aha-Erlebnis als eine Überraschung. Plötzlich hatte ich einen Namen und eine Abkürzung zu diesem Teil meines Wesens. Weiter geschah nichts, denn ich hatte bereits meine Strategien entwickelt, um mir das Leben einfacher zu machen.
KENNST DU DAS?
In meinem Kinderzimmer damals bahnte ich Wege durch mein Chaos, um mich zwischen Tür, Bett und Schreibtisch bewegen zu können. Als Schülerin vergass ich Dinge, in Gedanken schon wieder weiter und deshalb lief ich den Schulweg öfter als nötig. Manchmal konnte ich meine eigene Schrift nicht lesen. Ich, eine Tagträumerin, war gleichzeitig sehr lebendig und vorlaut. Häufig sass ich deswegen vor dem Klassenzimmer. Meine weitsichtige Lehrerin liess die Tür einen Spalt offen, damit ich trotzdem nichts verpassen würde.
Nun, als Erwachsene hat sich nicht viel geändert und meine ersten Berufe waren im gestalterischen Bereich. Ich bin die etwas Verrückte und dankbar dafür, dass ich mein damals unbekanntes ADS nie als Problem betrachten musste. Vielmehr wurde es zu einem Teil meiner Identität, der mich in meiner Kreativität und meiner Fähigkeit stärkte, ungewöhnliche Lösungen zu finden. Und meine Erfahrungen prägen meine heutige Arbeit als Therapeutin und mein tägliches Leben.
URSACHE UND HERAUSFORDERUNG:
Seit den 1980er Jahren soll es immer wieder neue wissenschaftliche Studien zu den möglichen Ursachen von ADS geben. Die Ergebnisse seien jedoch unterschiedlich: Meine Recherche über die sog. Prävalenzrate der betroffenen Bevölkerung hat ergeben, dass diese je nach Land oder Kontinent zwischen 5% und 30% schwankt. Auch die Ursachen werden unterschiedlich interpretiert – von genetischen Faktoren bis hin zu Umweltbedingungen und neurobiologischen Ursachen.
Kinder, die mit der Diagnose ADS konfrontiert werden, können wenig mit den Begriffen und Symptomen anfangen. Sie spüren lediglich, dass etwas „nicht stimmt“, dass sie sich schwerer tun als ihre Mitschüler, dass sie schneller ausgeschlossen oder anders wahrgenommen werden. Das kann zu einem Gefühl der Isolation und der Unzulänglichkeit führen. Ein Kind mit dem ADS will oft nur eines – dazugehören. Aber es versteht noch nicht, warum es schwieriger fällt, sich zu konzentrieren oder Dinge zu Ende zu bringen. Diese Verwirrung und Ausgrenzung kann im schlimmsten Fall zu Depressionen führen.
ADS ALS EINE ÜBERLEBENSSTRATEGIE:
Eine interessante Theorie aus den USA gefällt mir. Forscher vertreten die Ansicht, dass ADS möglicherweise eine adaptive Überlebensstrategie unserer Vorfahren ist. In der Steinzeit war Kreativität, Intuition, Spontaneität und Mut essentiell für das Überleben. Diese Eigenschaften halfen dabei, Nahrung zu finden, Gefahren zu erkennen und innovative Lösungen für Probleme zu finden. In der heutigen Zeit sind diese Fähigkeiten ebenfalls von großem Wert – vor allem in Berufen, die Kreativität und schnelle Entscheidungsfindung erfordern.
Diese Theorie rückt den Blick auf ADS in ein anderes Licht: ADS könnte nicht nur ein „Fehler“ im System sein, sondern eine Fähigkeit, die in bestimmten Kontexten von unschätzbarem Wert ist. Und wenn man sich die Lebensgeschichten erfolgreicher Menschen ansieht, wird klar, dass viele von ihnen vielleicht aufgrund ihres ADS in der Lage waren und sind, Grosses zu erreichen.
GESCHICHTEN FÜR KINDER:
Ein Weg, Kindern ihre Herausforderungen verständlich zu machen, ist ihnen zu zeigen dass diese nicht ungewöhnlich sind. In der Therapie erzähle ich Geschichten aus der Steinzeit – von Jägern, Sammlern und Bauern, von Menschen, die in einer Gemeinschaft mit unterschiedlichen Fähigkeiten zusammenarbeiteten. Diese Geschichten verdeutlichen, dass es keine „normale“ oder „richtige“ Art gibt, die Welt zu erleben. Vielmehr war es die Vielfalt der Menschen und ihre Stärken, die die Grundlage für das Überleben der Gemeinschaften bildete.
Heute ist das nicht anders. Auch in der modernen Gesellschaft sind es gerade die individuellen Stärken, die uns als Gesellschaft voranbringen. Es sind kreative Denker, intuitive Problemlöser und Menschen, die in der Lage sind, Risiken einzugehen, die oft den Weg weisen.
Indem ich Kindern zeige, wie ihre „andersartigen“ Eigenschaften auch Vorteile bringen können, helfe ich ihnen ihr Selbstbewusstsein und ihr Vertrauen in ihre eigene Individualität zu stärken.
Denn nur so kann jedes Kind – unabhängig von seiner Diagnose – sein bestmögliches Selbst entfalten und erfolgreich in der Welt bestehen.
GLAUBENS-SÄTZE |
16.12.2024
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